Eine creepy Puppe, einen kaltblütigen Killer und einen Voodoo-Zauberspruch: Mehr brauchte es im Jahr 1988 nicht, um eine Kultfigur der Horror-Genres zu erschaffen. Beinahe 35 Jahre ist es her, dass „Chucky – Die Mörderpuppe“ erstmals mit seinen kleinen Plastikhändchen nach einem Messer griff – und das so effektiv, dass in Deutschland die ungekürzte Fassung des Films bis 2011 auf dem Index stand!
Geistiger Vater der acht Filme umfassenden „Chucky“-Reihe ist Don Mancini (58), der lediglich beim Remake „Child’s Play“ von 2019 nicht die Finger im „Kinderspiel“ hatte. Sehr wohl wieder der Fall ist das bei der brandneuen Serie über die weltberühmte Mörderpuppe, die ab 19. Januar immer mittwochs um 20:15 Uhr beim Pay-TV-Sender SYFY und auf Abruf u.a. bei Sky ihre Deutschland-Premiere feiert. Warum sich die achtteilige erste Staffel nicht nur für alte „Chucky“-Veteranen lohnt?
Zwischen Mobbing und Mord – Darum geht es
Der Schüler Jake Wheeler (Zackary Arthur, 15) arbeitet an einem Kunstprojekt, für das er unzählige Puppen in ihre Einzelteile zerlegt und neu zusammenfügt. Der Teenager kann also sein Glück kaum fassen, als er auf einem Gartenflohmarkt in seiner beschaulichen Heimatstadt Hackensack eine bestens erhaltene „Good Guy“-Puppe findet und diese umgehend ersteht.
Jakes‘ Faible für Puppen stößt vor allem dessen Vater Lucas (Devon Sawa, 43) sauer auf, der aus seiner Homophobie kein Geheimnis macht und zudem ein starkes Alkoholproblem hat. Und auch in der Schule erfährt Jake größtenteils Abneigung und Mobbing aufgrund seiner Sexualität. Doch seit die Puppe aka Chucky in sein Leben getreten ist, scheinen die Hater um Jake herum plötzlich nach und nach das ihre zu verlieren.
Kein Second-Hand-Horror
Die Mörderpuppe Chucky nach acht Filmen auf innovative Weise wiederzubeleben, war kein leichtes Unterfangen. Zupass kommt der Horrorfigur die neueste Tricktechnik, bei der sich in den vergangenen rund 35 Jahren zum Glück einiges getan hat. Für die Serie wählte Mancini zudem einen interessanten Ansatz: Den überzeichneten Charme des Originals, vulgäre One-Liner und ausgefallene Morde von Chucky mit inbegriffen, verfrachtet er die Serie in eine klassische Coming-of-Age-Geschichte – Slasher trifft auf Suche nach sexueller Identität. Ein Mix, der Publikum wie Kritiker in den USA gleichermaßen begeistert hat. Dort wurde „Chucky“ noch vor der finalen Episode von Staffel eins vorzeitig um eine weitere Season verlängert.
„Chucky“ zeigt, dass der Alltag für einen homosexuellen Teenager auch im Jahr 2022 und ganz ohne übernatürliche Mörderpuppe der blanke Horror sein kann. Erst recht in verschlafenen Kleinstädten, in denen jeder jeden kennt und – frei nach David Lynchs (75) „Blue Velvet“ – die vermeintliche Idylle und Weltoffenheit nur Schein ist. Ausgerechnet Chucky hält den scheinheiligen Bewohnern Hackensacks (die Stadt gibt es wirklich) den Spiegel vor und stellt sich dabei als erstaunlich liberal heraus. Der Mörderpuppe ist die Sexualität seiner Opfer herzlich egal.
Für die Zuschauer bedeutet das Aufeinandertreffen von Mobber und Mörder eine erfrischende Zwickmühle. Inspiration für diesen Gewissenskonflikt zog Mancini aus seiner Arbeit an der hochgelobten „Hannibal“-Serie, wie er vergangenes Jahr „Entertainment Weekly“ verriet. Bekanntlich ertappte sich manch ein Zuschauer auch bei der Serienadaption mit Mads Mikkelsen (56) dabei, wie er oder sie zwischenzeitlich dem Titel-Kannibalen die Daumen drückte.
Vergangenheit trifft auf Gegenwart
Wer sich mit dem „Chucky“-Franchise auskennt, wird im Laufe der ersten Staffel auf eine Vielzahl an Referenzen und Easter Eggs stoßen. Außerdem zählen diverse Stars der Filme auch zum Cast der Serie: Einmal mehr verkörpert Jennifer Tilly (63) Chuckys ebenbürtig verrückte Braut, während Schauspieler Alex Vincent (40) wieder in die Rolle von Andy Barclay schlüpft – Chuckys erster Besitzer von 1988. Und die Mörderpuppe selbst wird, wie könnte es anders sein, im englischen Original von Brad Dourif (71) gesprochen.
Neulinge müssen dennoch nicht zwangsläufig alle Filme nachholen. Über einen True-Crime-Podcast innerhalb der Serie wird noch einmal Charles Lee Rays alias Chuckys Mordserie geschildert. In Rückblenden erfahren zudem alte wie junge Zuschauer neue Facetten von Charles‘ Taten, der schon als Kind zum Mörder wurde und schließlich im Körper der Puppe landete.
Für den gebührenden Bodycount einer Horror-Serie sind hingegen vornehmlich die neuen Gesichter zuständig. Der Cast setzt sich neben Hauptdarsteller Zackary Arthur („Die 5. Welle) aus weiteren Nachwuchsstars wie Alyvia Alyn Lind (14, „Overboard“) und Teo Briones (17, „Wind River“) zusammen. Jake Wheelers Vater kennen Horror-Fans derweil aus einer anderen berühmten Reihe: Devon Sawa spielte 2000 die Hauptrolle im ersten Teil von „Final Destination“. Ab 19. Januar kann es folgerichtig nur eine Endstation im TV geben: Hackensack, bitte alle aussteigen.