Mittlerweile ist es fast 40 Jahre her, dass Forschende auf den Asteroiden 3200 Phaethon trafen. Er ist „Vater“ der Geminiden, einer der stärksten Meteorströme, die jährlich an der Erde vorbeiziehen, und bringt eine weitere außergewöhnliche Eigenschaft mit sich: der Asteroid verhält sich wie ein Komet. Will heißen: Das Objekt mit einem Durchmesser von gut 5,1 Kilometern zieht einen Schweif hinter sich her.
Asteroid Phaeton wirft Fragen auf
Benannt nach dem Sohn des griechischen Gottes der Sonne, Helios, stellt Phaeton die Astronomie seit Jahrzehnten vor Fragen. Schon kurze Zeit nach seiner Entdeckung stellten die Forschenden fest, dass der Körper Ursprung der Geminiden ist. Erst im Jahr 2009 entdeckte das Solar Terrestrial Relations Observatory (STEREO) der NASA den Schweif, den er hinter sich herzieht.
Normalerweise ist ein solcher Schweif Kometen vorbehalten. Sie bestehen aus einer Mischung aus Eis und Gestein. Kommt ein Komet der Sonne zu nahe, verdampft das Wasser in seinem inneren und tritt in Form einer langgezogenen Wolke aus Gas, Eis- und gelösten Gesteinsteilchen aus. Das sind in der Regel auch ebenjene kleinen Objekte, die wir als Meteore, also Sternschnuppen, wahrnehmen. Asteroiden hingegen bilden keinen solchen Schweif, zumindest im Regelfall.
Nun, bekanntermaßen bestätigen Ausnahmen die Regel – und Phaeton ist ebendas: eine Ausnahme. Doch woraus besteht der Schweif unseres mysteriösen, alljährlichen Besuchers? Zunächst ging man davon aus, dass er lediglich Staub absondere. „Unsere Analyse zeigt, dass die kometenähnliche Aktivität von Phaethon nicht durch irgendeine Art von Staub erklärt werden kann“, zitiert die NASA nun aber Qicheng Zhang, Doktorand am California Institute of Technology.
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„Kometen glänzen oft durch Natriumemission“
Zhang ist Hauptautor einer neuen Studie, die er und sein Team im Planetary Science Journal veröffentlichten. Ihre Untersuchungen basierten auf der Grundannahme, dass der Schweif, den der Asteroid hinter sich herzieht, wider die bisherigen Behauptungen auf etwas anderem als Staub bestehen könnte. „Kometen glänzen oft durch Natriumemission, wenn sie der Sonne sehr nahe sind“, so Zhang, „daher vermuteten wir, dass Natrium ebenfalls eine Schlüsselrolle bei der Aufhellung von Phaethon spielen könnte“.
Schon eine 2021 ebenfalls im Planetary Science Journal veröffentlichte Forschungsarbeit legte nahe, dass die immense Hitze der Sonne dazu in der Lage sei, das Natrium im Inneren passierender Himmelskörper kurzerhand verdampfen zu lassen. Basierend auf Archivdaten des STEREO und des Solar and Heliospheric Observatory (SOHO) aus den Jahren 1997 bis 2022 nahmen Zhang und sein Team den Schweif des Phaeton daher genauer unter die Lupe.
Jahrealtes Rätsel gelöst
Die Forschenden stellten fest, dass der Schweif vor allem im Natrium-Filter der SOHO-Aufnahmen aufleuchtete. In dem Filter, der Staub aufspüren soll, blieb er hingegen unauffällig. Auch Form und Aufhellung des Schweifs im Vorbeiflug an der Sonne entsprach eher dem Bild einer Wolke aus Natrium anstelle von Staub. Die Beobachtungen unterstrichen die Vermutungen des Teams.
„Wir haben nicht nur ein wirklich cooles Ergebnis, das 14 Jahre lang das Denken über ein gut erforschtes Objekt auf den Kopf stellt“, sagt Teammitglied Karl Battams vom Naval Research Laboratory, „sondern wir haben dies auch mit Daten von zwei heliophysikalischen Raumsonden – SOHO und STEREO – erreicht, die überhaupt nicht für die Untersuchung von Phänomenen wie diesem gedacht waren“.
Mit ihren Antworten fördern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jedoch auch neue Fragen zutage. Die wohl wichtigste von ihnen: Sind einige der vermeintlichen Kometen, die das SOHO bislang beobachtet hat, womöglich in Wirklichkeit Asteroiden? „Viele dieser anderen ‚Kometen‘, die die Sonne umkreisen, sind möglicherweise auch keine ‚Kometen‘ im üblichen Sinne, sondern felsige Asteroiden wie Phaethon, die von der Sonne aufgeheizt werden“, mutmaßt Zhang.
Quelle: NASA; „Sodium Brightening of (3200) Phaethon near Perihelion“ (The Planetary Science Journal, 2023); „Volatility of Sodium in Carbonaceous Chondrites at Temperatures Consistent with Low-perihelion Asteroids“ (The Planetary Science Journal, 2021)
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