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Studie: Das soll wirklich kurz nach dem Urknall passiert sein

Forschende habe eine grundlegende Theorie zum Urknall untersucht. Konnte Albert Einstein in diesem Fall recht behalten?

Urknall Symbolbild
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Schwarze Löcher – das solltest du wissen

Über Schwarze Löcher gibt es vieles zu wissen. Wir verraten dir einige der wichtigsten Fakten über die geheimnisvollen Giganten.

Albert Einstein stellte in den 1920er Jahren das Konzept zur Zeitdilatation auf. Es ist Teil seiner Relativitätstheorie und kann uns auch Einblicke in die Zeit kurz nach dem Urknall geben. Forschende haben es nun erstmalig auf Herz und Nieren prüfen können.

Der Urknall ist beschlossene Sache

Zusammen mit dem Urknall wurde auch die Zeit geboren. Lange ging man in der Forschung davon aus, dass diese eine unbeugsame und immer gleichbleibende Konstante ist. Diese Auffassung vertrat unter anderem Iscaac Newton. Rund 200 Jahre nach seinem Tod trat dann Albert Einstein mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie auf den Plan, die Isaacs Vorstellungen vom Kosmos und der Zeit kühn widersprach. Für ihn war die Zeit eben nicht konstant, sondern „gummiartig und relativ“, erklärt Geraint Lewis, Astrophysiker an der Universität Sydney und Hauptautor der neuen Studie zum Urknall. „Jetzt haben wir gezeigt, dass Einstein wieder einmal Recht hatte“

Dem zugrunde geht die Einstein’sche Theorie der Zeitdilatation, die besagt, dass die Zeit im frühen Universum, also kurz nach dem Urknall langsamer gewesen sein muss. Darauf kam er durch die Beobachtung verschiedener Galaxien am Himmel. Jene, die weiter weg sind, schienen sich unfassbar schnell von uns wegzubewegen, während jene, die näher dran sind, langsamer der Expansion des Kosmos folgen. Das bedeutet nicht nur, dass das Universum einst kleiner und kompakter gewesen sein muss, es also einen Urknall gab, sondern auch, dass die äußersten Galaxien nahezu in Lichtgeschwindigkeit reisen müssten.

Die Zeit dehnt sich im expandierenden Universum aus

Für den verstorbenen Physiker waren dies zwei Umstände, die den Fluss der Zeit durchaus verändern könnten. So blieb diese Einheit nicht an jedem Ort und zu jedem Zeitpunkt im Universum gleich. Dies beschreibt er ausführlich in seiner Allgemeinen sowie in seiner Speziellen Relativitätstheorie.

Einen Überblick bietet ein einfaches Beispiel: Das Licht weit entfernter Galaxien braucht etliche Lichtjahre um zu uns zu reisen. Angenommen in besagter Galaxie würde man nun eine riesige Uhr aufstellen, die im normalen Sekundentakt tickt. Bis das Licht auf die Erde trifft und wir die Uhr wahrnehmen, vergehen Ewigkeiten. Schauen wir uns nun durch unsere Teleskope den Sekundenzeiger an, würde er ewig brauchen, bis er weiterrückt. Von der Erde aus wirkt die Zeit also gedehnt, während sie direkt in der Galaxie ganz normal vergeht. Das ist sie sogenannte Zeitdilatation.

Der Urknall war der Beginn der Ausdehnung

Lewis und der Astrostatistiker Brendon Brewer wollten daher nachweisen, dass die Zeitdilatation bereits im frühen Universum, unmittelbar nach dem Urknall einsetzte. Dazu mussten sie ein extrem altes und gleichzeitig auffälliges Himmelsobjekt beobachten, mit dessen Licht sich diese Zeitausdehnung beweisen ließen.

Die beiden Forscher einigten sich schnell auf die Beobachtung von Quasaren. Scientific American beschreibt Quasare als „helle astrophysikalische Leuchtfeuer, die aus supermassereichen Schwarzen Löchern entstehen, die sich in den Zentren entfernter Galaxien mit Gas vollsaugen“. Sie entstehen, indem besagtes Gas von Schwarzen Löchern im Galaxiekern eingesaugt wird, sich erwärmt und dann ein glühendes Leuchten ausgestrahlt wird. Dieses Leuchten ist so hell, dass wir es auf der Erde mit modernen Instrumenten problemlos beobachten können.

Quasare sollen Schlüssel zur Zeitdilatation sein

Die Quasare zu sehen, ist also kein Problem. Doch mit ihnen den Effekt der Zeitdilatation unmittelbar nach dem Urknall vorzuweisen, schon. Sie leuchten nämlich nicht regelmäßig wie ein Leuchtturm-Signal oder gleichmäßig wie die Blüte eines Feuerwerks. Stattdessen sind es unregelmäßige, „klumpenartige“ Signale, die den Nachweis erschweren.

Nur einen Quasar zu beobachten würde also unweigerlich in eine Sackgasse führen. Also entschieden sich sie beidem Astronomen dazu Daten von 190 Quasaren über den Zeitraum von zwei Jahrzehnten in dutzenden Wellenlängen auszuwerten. Mithilfe dieser Datenmenge waren sie in der Lage die Quasare zu sortieren, damit sie nicht Äpfel mit Orangen vergleichen. Zudem ließen sich so Abweichungen herausrechnen und eindeutige Ergebnisse erzielen.

Studie sichert Wissen über unseren Kosmos

Und tatsächlich konnten Lewis und Brewer in ihrer Studie beweisen, dass Einstein richtig lag. Quasare, die kurz nach dem Urknall geboren wurde, verfügen über das Merkmal der Zeitdilatation, während es jüngere Exemplare nicht tun. Zudem zeigen die Daten, dass jene Quasare, die am weitesten von uns entfernt sind, nur ein fünftel der Standardgeschwindigkeit aufweisen. Daraus folgt der automatische Schluss, dass die Zeit kurz nach dem Urknall aus heutiger Sicht fünf mal langsamer verging.

Das räumt einige Probleme aus dem Weg. Erst vor kurzem merkte eine Studie an, dass sich das Universum gar nicht ausdehne, sondern es sich lediglich um eine Illusion handle. Dies hätte dazu geführt, dass wir unser gesamtes Wissen über den Urknall und den Kosmos überdenken müssen. „Dies ist das erste Mal, dass der Effekt der Zeitdilatation bei Quasaren klar beobachtet wurde, und es ist beruhigend zu wissen, dass dort nichts Seltsames passiert“, gibt Katie Mack, eine Astrophysikerin, die den Hawking-Lehrstuhl für Kosmologie und Wissenschaftskommunikation am Perimeter Institute for Theoretical Physics in Ontario innehat, zu verstehen.

„Um die wissenschaftliche Praxis aufrechtzuerhalten, muss man bis zum Schluss skeptisch bleiben. Daher ist es wichtig, selbst die etabliertesten Theorien des Universums weiterhin zu testen“, sagt Michael Hawkins, emeritierter Forscher am Institut für Astronomie der Universität Edinburgh. Für ihn ist diese Urknall-Studie eine gelungene Erinnerung daran. Immerhin hat auch Einstein mit seinen Theorien die Forschung von mehreren Jahrhunderten auf den Kopf gestellt. Forscht man offen, könnten wir auch noch heute auf überraschende Wendungen im unendlichen Kosmos stoßen.

Quelle: Scientific American

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