Im himmlischen Bereich tritt ein einzigartiges Phänomen auf: Planeten mit einer Magnetosphäre erzeugen ‚Gesänge‘ oder Choruswellen. Wenn sie mit den richtigen Instrumenten abgerufen werden, klingen sie wie ein morgendliches Vogelkonzert. Diese faszinierende Facette der Weltraumwissenschaft wurde in den lebendigen Atmosphären und starken Magnetfeldern von Erde, Jupiter und Saturn beobachtet. Sogar bei Uranus und Neptun stellte man sie fest. Doch eine kürzliche Entdeckung durch ein internationales Team unter der Leitung von Mitsunori Ozaki von der Universität Kanazawa hat dieser kosmischen Chorgruppe eine neue, unerwartete Stimme hinzugefügt: den Merkur.
Merkur sendet Choruswellen aus
Trotz seiner kargen Landschaft, vernachlässigbaren Atmosphäre und Nähe zur Sonne sendet Merkur seine eigenen Choruswellen aus. Damit stellt er frühere Annahmen über die magnetischen Voraussetzungen für dieses Phänomen in Frage.
Der Merkur hat kaum atmosphärischen Schutz, ein schwaches Magnetfeld und ist einer unerbittlichen Flut von Sonnenstrahlung ausgesetzt, was seine Umgebung scheinbar ungeeignet für komplexe elektromagnetische Ereignisse macht. Doch dieser versengte Planet hat kürzlich seine Fähigkeit für magnetische Wunder enthüllt.
Denn Forschende haben nicht nur das Vorhandensein von eigenartigen Polarlichtern, sondern auch von Choruswellen in seinem Bereich aufgedeckt. Diese Entdeckungen zwingen zu einer Neubewertung der bekannten Kriterien, die solche magnetischen Phänomene im umgebenden Raum eines Planeten ermöglichen.
Die Wissenschaft hinter Choruswellen basiert auf der Wechselwirkung zwischen Sonnenwinden und der Magnetosphäre eines Planeten. Energetische Elektronen, gefangen in der Umarmung der Magnetosphäre, tanzen entlang der Magnetfeldlinien und erzeugen Wellen im Plasma. Diese Wellen werden, wenn sie von spezifischen wissenschaftlichen Instrumenten aufgezeichnet werden, in hörbare Formate umgewandelt, die als Whistler-Modus-Wellen bekannt sind. Bis jetzt hat das bescheidene Magnetfeld des Planeten und die feindlichen Umweltbedingungen ihn von der Liste der Planeten ferngehalten, von denen erwartet wurde, dass sie zu diesem kosmischen Konzert beitragen.
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Gesänge im Dämmerungssektor
Die von Ozakis Team entdeckten Choruswellen sind nicht allgegenwärtig in Merkurs Magnetosphäre, sondern eigenartigerweise auf eine Region namens Dämmerungssektor beschränkt. Diese Exklusivität deutet auf das Vorhandensein eines unbekannten Mechanismus hin. Dieser erleichtert entweder die Wellen in diesem Bereich oder schränkt sie möglicherweise in anderen ein. Simulationsmodelle, die die Forschenden erstellten, zeigen, dass in diesem Sektor die Übertragung von Energie von Elektronen auf elektromagnetische Wellen deutlich effizienter ist. Das führt was zur Erzeugung dieser ausgeprägten Pfeifgeräusche.
Diese bahnbrechende Studie ebnet den Weg für zukünftige, detailliertere Untersuchungen, insbesondere da das MIO (Mercury Magnetospheric Orbiter)-Instrument für die Orbiteinfügung um Merkur im Jahr 2025 vorgesehen ist. Ein zentrales Thema der Forschung ist der Vergleich der Eigenschaften der Choruswellen zwischen Erde und Merkur, mit dem breiteren Ziel, zu verstehen, wie Sonnenwinde magnetisierte Planeten beeinflussen. Jenseits unseres Sonnensystems könnten diese Erkenntnisse Hinweise auf die Wechselwirkungen zwischen Exoplaneten und Sternenwinden liefern und die Reichweite dieser Entdeckung weiter ausdehnen.
Quellen: „Whistler-mode waves in Mercury’s magnetosphere observed by BepiColombo/Mio“ (Nature Astronomy, 2023)
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