Planet Neun beschäftigt die Wissenschaft schon seit Jahren. Zahlreiche Astronominnen und Astronomen gehen davon aus, dass sich am Rande unseres Sonnensystems ein Objekt verbergen müsste, das man bislang noch nicht hat entdecken können. Ausgang dieser Vermutung ist das Verhalten, das andere Himmelskörper in seiner vermeintlichen Umgebung an den Tag legen. Harsh Mathur, Professor an der Case Western Reserve University, und Katherine Brown, Professorin am Hamilton College, haben nun einen neuen Vorschlag gemacht. Denn sie glauben, dass es sich bei dem Objekt keineswegs um einen Planeten handelt.
Planet Neun: Nur ein Denkfehler?
Das Duo geht davon aus, dass die Suche nach dem neunten Planeten lediglich Hinweise auf ein modifiziertes Gravitationsgesetz geben könnte. Sie stützen diese Annahme auf eine Analyse, wie die Milchstraße entfernte Sonnenobjekte beeinflussen würde. Dabei verlassen sie sich auf die Prinzipien der Modifizierten Newtonschen Dynamik (MOND). Die Theorie lässt die Veränderungen im Gravitationsverhalten unter bestimmten Bedingungen zu und fordert damit die traditionelle newtonsche Gravitation heraus.
Laut der MOND geben Newtons Berechnungen in Bedingungen stärkerer Gravitationskraft einem anderen Gravitationsverhalten nach, wenn die beteiligten Kräfte außergewöhnlich schwach sind. Der israelische Physiker Mordehai Milgrom entwickelte die Hypothese bereits 1983 als Alternative zum Postulat der Dunklen Materie. Sie sollte also einen neuen Erklärungsansatz für die eigenartige Rotation von Galaxien zu und Unstimmigkeiten liefern, die Newtons Gesetz auf kosmischer Ebene nicht erklären konnte.
„MOND ist wirklich gut darin, Beobachtungen im galaktischen Maßstab zu erklären“, betont Mathur in einer Pressemitteilung der Case Western Reserve University, „aber ich hatte nicht erwartet, dass es spürbare Auswirkungen auf das äußere Sonnensystem haben würde.“ Dennoch gehen Brown und er davon aus, dass man mittels dieser Dynamik die Suche nach Planet Neun erklären könnte.
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Stein-Schwärme statt neuer Dynamik
Allerdings ist der Ansatz des Teams der Universitäten Case Western Reserve und Hamilton längst nicht der einzige. Schon im Jahr 2018 schlugen die Astrophysikerin Ann-Marie Madigan von der University of Colorado Boulder und ihre Kolleg*innen vor, dass es sich bei dem vermeintlichen Planeten lediglich um einen „Schwarm“ von Gestein handeln könnte.
„Es gibt so viele dieser Körper da draußen. Was bewirkt ihre kollektive Schwerkraft?“, fragte Madigan. „Wir können viele dieser Probleme lösen, wenn wir diese Frage berücksichtigen.“ Denn während Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt seit Jahren nach einem hypothetischen Planet Neun suchen, der dem Zehnfachen der Masse der Erde entspricht, könnte eine damals angestellte Simulation eine weit einfachere Erklärung liefern.
Suche möglicherweise überflüssig
Madigans Team habe ursprünglich nicht die Absicht gehabt, nach einer anderen Erklärung für diese Umlaufbahnen zu suchen. Stattdessen entwickelte Jacob Fleisig, Hauptautor der vor nunmehr fünf Jahren veröffentlichten Analyse, Computersimulationen, um die Dynamik abgelöster Objekte zu untersuchen.
„Man sieht eine Anhäufung der Bahnen kleinerer Objekte auf einer Seite der Sonne“, erklärte Fleisig. „Diese Bahnen stoßen mit dem größeren Körper zusammen, und durch diese Wechselwirkungen verändert sich seine Bahn von einer ovalen zu einer eher kreisförmigen Form.“
Ähnlich der Verwendung der Modifizierten Newtonschen Dynamik durch Mathur und Brown würde auch diese Sicht einen überraschend einfachen Erklärungsansatz liefern, der Planet Neun und die Suche nach diesem hypothetischen Objekt obsolet machen würde.
Quelle: „Modified Newtonian Dynamics as an Alternative to the Planet Nine Hypothesis“ (The Astronomical Journal, 2023); Case Western Reserve University; University of Colorado Boulder
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