Eine tragische Entstehungsgeschichte findet rund dreieinhalb Jahre, nachdem sie geschrieben wurde, endlich ihr Happy End. Zack Snyder (55), der 2017 aufgrund eines familiären Schicksalsschlags als Regisseur des Superhelden-Blockbusters „Justice League“ zurücktreten musste, erhält dank des „Snyder-Cuts“ nun doch noch die Gelegenheit, der Welt seine Vision des Films zu präsentieren.
In Deutschland wird ihm dies ab 18. März und damit zeitgleich zum US-Start über den Streamingdienst Sky Ticket gewährt. Dort, wo auch schon Amazone Diana Prince (Gal Gadot, 35) mangels geöffneter Kinos mit „Wonder Woman 1984“ eine Heimat fand. Wie genau „Zack Snyder’s Justice League“ im DC-Universum ansetzt, warum es zu der außergewöhnlichen Neufassung gekommen ist und was die Fans vom nun doppelt so langen Film alles erwarten dürfen, gibt es hier nachzulesen. Achtung: Es folgen Spoiler zu Snyders vorangegangenem Film „Batman v Superman: Dawn of Justice“.
Bei großer Bedrohung bedarf es großer Helden – darum geht es
Seit Superman (Henry Cavill, 37) in „Batman v Superman: Dawn of Justice“ im Kampf für die Menschheit sein Leben gelassen hat, herrscht Chaos auf den Straßen von Metropolis. Das Verbrechen wittert ohne den Übermenschen als Sinnbild der Gerechtigkeit seine Chance, die Straßen zurückzuerobern. Der in die Jahre gekommene Bruce Wayne alias Batman (Ben Affleck, 48) und die Amazone Wonder Woman haben ohne ihn keine Chance, an allen Fronten gleichzeitig zu kämpfen. Mehr Ritter des Rechts müssen her, vor allem, als ein mächtiger Scherge namens Steppenwolf auftaucht.
Der hat es auf drei mysteriöse Boxen abgesehen, mächtige Artefakte, mit denen er die Erde und all seine Bewohner in ewige Düsternis stürzen will. Um ihn aufzuhalten, betreibt Wayne ein verzweifeltes Helden-Casting. Von einem blitzschnellen Taugenichts hat er gehört, sowie von einem kauzigen Griesgram, der mit Fischen reden soll. Und dann wäre da noch ein junger Mann, der nach einem Unfall mehr Maschine als Mensch ist. Wird dieser ungleiche Haufen an Außenseitern genug sein, um das pure Böse aufzuhalten?
Rückzug wider Willen
Filmstudio Warner Bros. hatte Zack Snyder früh das Vertrauen geschenkt, das DC-Universum nach seiner Vorstellung auf die Leinwand zu bringen. 2013 begann er seine Reise als Regisseur des Superman-Films „Man of Steel“, 2016 folgte „Batman v Superman“ und ein Jahr später die Liga der Gerechten alias „Justice League“. So zumindest der Plan. Denn der tragische Tod von Snyders Tochter Autumn machte es dem Großfamilienvater (Snyder hat acht Kinder, die Hälfte davon adoptiert) unmöglich, das Projekt zu Ende zu führen.
In Person von Joss Whedon (56) vollendete also ein anderer Regisseur den Film. Er nahm zahlreiche Nachdrehs vor, änderte in der Postproduktion die grundlegende Tonalität des Streifens und kürzte die Spielzeit massiv ein. Doch bekanntlich verderben nicht nur zu viele Köche den Brei, sondern auch zu viele Visionäre die Filmkost. Die 2017 erschienene Kinoversion von „Justice League“ wirkte nicht ausbalanciert, gab ihren Figuren zu wenig Raum zur Entfaltung und hetzte regelrecht gen Finale. Dementsprechend gemischt fielen seinerzeit auch die Kritiken aus.
Ein Spezialist für Director’s Cuts
Aus mannigfachen Gründen kamen schon Meister des Regiefachs erst verspätet dazu, ihre Vision eines ihrer Werke ans Publikum zu bringen. Mal war dem Filmstudio die vorgesehene Erzählweise zu kryptisch („Once Upon A Time In America“) oder das angepeilte Ende zu niederschmetternd („Blade Runner“, „Brazil“). Andere Male sollte dem Kinopublikum weniger Sitzfleisch abverlangt werden, etwa bei der „Herr der Ringe“-Trilogie oder dem Antikriegsfilm „Apocalypse Now“, die in ihren „Extended Versions“ jeweils lang genug für zwei Filme wurden.
Peter Jacksons (59) drei „Herr der Ringe“-Filme sind insofern ein gutes Beispiel in Bezug auf „Justice League“, weil Snyders DC-Gefährten nun auch auf die stolze Spielzeit von vier Stunden kommen. Im Vergleich zur Kinofassung von 2017 mit 120 Minuten hat sich der Heimkino-Kampf für Gerechtigkeit also verdoppelt. Dass Snyder bei nachträglichen Änderungen nicht auf bloße Quantität statt Qualität setzt, bewies er schon vor „Justice League“. Etwa gleich bei seinem vielseits beachteten Regiedebüt 2004, der Neuauflage des Horrorklassikers „Dawn of the Dead“. Von der Zombiehatz erschien ein rund zehn Minuten längerer Director’s Cut, der sich vor allem der Ausarbeitung der Charaktere widmete.
Noch deutlichere Parallelen zum „Snyder Cut“ von „Justice League“ gibt es bei „Batman v Superman“ und vor allem bei seiner düsteren Comicverfilmung „Watchmen“ von 2009. Der hatte in der Kinofassung bereits über 160 Minuten, für den „Ultimate Cut“ von 2019 packte Snyder dann noch einmal fast eine Stunde obendrauf. In beiden Beispielen nutzte er die gewonnene Zeit, um die Beweg- und Hintergründe seiner Protagonisten auszuarbeiten und gab ihnen in der ein oder anderen zusätzlichen Actionsequenz noch mehr Gelegenheit, um zu scheinen. Bei einer sechsköpfigen Heldentruppe der Marke „Justice League“ und im ewig düsteren Gotham City sicherlich keine schlechte Sache.