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Ist die neue Abspiel-Funktion von Netflix ein Alptraum für Serien-Fans?

Wie soll man das riesige Angebot von Netflix jemals durchschauen? Mit einer neuen Abspiel-Funktion sollen Nutzer noch mehr in noch kürzerer Zeit anschauen können. Doch es hagelt Kritik.

Netflix auf Handy Display
Netflix bekommt mit Quibi große Konkurrenz im mobilem Streaming. Jetzt gibt es die neue Netflix-Alternative 90 Tage kostenlos. Foto: Netflix

Seit Marshall McLuhans Theorien zu den sogenannten kalten und heißen Medien mit ihren eigenen Intensitäten wissen wir, dass die Geschwindkeit der Informationsflut und -verarbeitung eine große Wirkung auf unsere Rezeption hat. Denn die Beschaffenheit und technischen Möglichkeiten eines Mediums haben immer einen großen Einfluss darauf, wie wir Inhalte konsumieren. Jetzt hat der größte Streaming-Dienst eine neue Netflix-Funktion gelauncht, die sich wie ein Alptraum anhört: Nutzer sollen das Widergabe-Tempo anpassen können. Um mehr Filme und Serien in der gleichen Zeit anschauen zu können?

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Neue Netflix-Funktion trotz Kritik gestartet

Am 31. Juli 2020 berichtete The Verge, dass es nun soweit sei. Absofort kann man mit Filmen und Serien durch eine neue Netflix-Funktion genau das machen, was man seit Jahren schon bei Audiobüchern und Podcasts machen kann: die Abspielgeschwindigkeiten anpassen. Jeder mit einem Android-Gerät kann absofort den Netflix-Inhalt mit einer Geschwindigkeit von 0.5, 0.75, 1.25, oder 1.5 mal des üblichen Abspieltempos anschauen und anhören. Diese Abspielgeschwindkeiten muss man manuell auswählen.

Laut Keela Robinson, stellvertretende Leiterin der Produktentwicklung bei Netflix, hätten Tests bei Kunden ergeben, dass sie diese Flexibilität schätzen. „Ob es dabei nun um das nochmalige Anschauen der Lieblingsszene geht oder darum, die Sachen langsamer zu machen, weil sie mit Untertitel schauen oder Hörprobleme haben.“

Filmliebhaber kritisieren neue Netflix-Funktion scharf

Die Ankündigung von Netflix, verschiedene Wiedergabetempi zu Auswahl zu stellen, hat seit Oktober 2019 nicht nur in Hollywood für Empörung gesorgt: Filmschaffende und -liebhaber waren entsetzt über das Vorhaben des Streaming-Riesen, schnellen Konsum über Filmgenuss zu stellen. Auf die Bekanntgabe von Netflix reagierten mehrere Filmemacher empört. Judd Apatow, Regisseur, Drehbuchautor und Produzent, kritisierte Netflix auf Twitter scharf dafür.

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Netflix bezog später Stellung

Netflix bezog darauf Stellung. Keela Robison sagte im Blogbeitrag des Unternehmens: „Wir waren sensibel gegenüber den Bedenken der Entwickler und haben in diesem Test keine größeren Bildschirme, insbesondere Fernseher, berücksichtigt.“ Außerdem wurde angekündigt, dass das Audio von den Filmen und Serien automatisch angepasst werden soll, wenn es durch eine Beschleunigung zum Beispiel zu einer Veränderung der Tonhöhe kommt. Nach Angaben des Unternehmens wurde das Feature regelmäßig von Nutzern angefragt.

Aber im Ernst: Geht Netflix nicht auf, dass diese Option ein absolutes Tabu für wahre Filmliebhaber und Serien-Fans ist, die nicht einfach nur stumpf so viele Inhalte wie möglich konsumieren, sondern auch richtig genießen wollen?

Für wen ist diese neue Netflix-Funktion vielleicht doch attraktiv?

Die Popularität einer solchen Funktion bei Podcast-Hörern zeigt aber, dass Menschen gerne Inhalte langsamer laufen lassen, um Feinheiten aus Gesprächen rauszuhören oder schwer verständliche Sätze noch einmal langsamer zu hören. Auch nutzen Podcast-Konsumenten gerne ein schnelleres Tempo als die normale, um schneller durch ein Hörbuch zu kommen.

Bei Netflix könnte das gerade für all jene Inhalte Sinn machen, die keinen großen Wert auf Stimmung, Atmosphäre und Zwischentöne legen. Dokumentarfilme, Stand-Up-Comedies und ähnliche Formate kämen da in Frage. Auch wenn man etwa einen Film oder eine Serie schon gesehen hat, und sich eigentlich nur schnell die wichtigsten Infos nochmal abrufen möchte vor der Fortsetzung oder der nächsten Staffel, dann könnte die neue Netflix-Funktion mehr Segen als Fluch sein.

Die neue Funktion auf Netflix mit den verschiedenen Geschwindigkeiten beim Abspielen ist also gar nicht so abwegig wie man denken würde. Ob und wann sie für alle ausgerollt wird, steht aber noch nicht fest.

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