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So erobert China den Weltraum

Im Gegensatz zu NASA und ESA kümmert sich die westliche Medienberichterstattung kaum um die chinesischen Weltraummissionen. Dabei konnte China in den vergangenen Jahren immense Erfolge aufweisen.

Mond China
China hat große Ambitionen

In den vergangenen Wochen machte China die nächsten Planungsschritte für sein Weltraumprogramm publik. Bis 2020 sollen zwei neue Versuche unternommen werden, mit Sonden auf dem Mond zu landen – das ist den Chinesen bereits mit der früheren Weltraummission „Yutu/Jadehase“ gelungen. Langfristig ist eine bemannte Mondmission geplant. Ähnlich wie die NASA, will China in absehbarer Zukunft auch eine Mars-Mission durchführen. Zudem sieht es derzeit danach aus, dass eine chinesische Raumstation die ISS als permanente Forschungsbasis in der Erdumlaufbahn ablösen könnte.

Vor ziemlich genau zehn Jahren brach die chinesische Raumsonde „ Chang’e 1/Mondgöttin“ auf den Weg zur Mondumlaufbahn auf. Vier Jahre zuvor konnte China als drittes Land nach den USA und Russland aus eigener Kraft einen Astronauten ins All bringen. Mit seinem Raumfahrtprogramm möchte die chinesische Regierung Stärke zeigen und beweisen, dass China als Supermacht ernstzunehmen ist.

Dennoch erfahren wir im Vergleich zu den Unternehmungen der NASA und der ESA aus den Medien nur wenig von den chinesischen Bemühungen im Weltraum – am ehesten sogar noch, wenn etwas schiefgeht.

China und das All: Eine Chronik

Erste Bemühungen

Grund genug sich die Entwicklung des chinesischen Raumfahrtprogramms im Detail anzusehen. Als Geburtsstunde der chinesischen Weltraumbemühungen gilt der 8. Oktober 1956 als das Raketenforschungsinstitut Nr. 5 gegründet wurde. Die meisten Wissenschaftler und Ingenieure dieser Zeit haben ihr Knowhow an amerikanischen Universitäten erworben (Qian Xuesen, eine der zentralen Gestalten dieser Ära, hat sogar am Manhattan-Projekt mitgearbeitet). Ihre Arbeit beinhaltete unter anderem die Entwicklung von Trägerraketen.

Erfolge stellten sich erst nach ein paar Jahren ein: Im Februar 1960 wurde die erste chinesische Höhenforschungsrakete des Typs „T-7M“ gestartet. Fast genau zehn Jahre danach schoss China dann seinen ersten Satelliten ins All. Mit dem Experimentalsatellit „Dong Fang Hong I“ wurde China die fünfte Macht, die mit einer eigenen Rakete einen eigenen Satelliten in die Umlaufbahn beförderte.

Trotz aller Bemühungen konnte China lange Zeit nicht zu den führenden Weltraumnationen aufschließen. Im Rennen um die Vorherrschaft im All zwischen den USA und der Sowjetunion blieb die Volksrepublik nur Zuschauer. Die Lage änderte sich erst in den 90er Jahren, als zunächst 1990 der erste kommerzielle chinesische Satellitenstart erfolgte und schließlich 1993 mit der Gründung der Chinese National Space Administration (CNSA) eine eigene Behörde geschaffen wurde, die nur mit einzigen Aufgabe betraut war – der Koordinierung der Weltraummissionen der asiatischen Supermacht.

Durchstarten im neuen Millenium

Im neuen Millenium starteten die Chinesen dann so richtig durch. Am 15. Oktober 2003 beförderte die CNSA als erst drittes Land der Welt aus eigener Kraft einen Menschen ins All. Yang Liwei verbrachte als erster Taikonaut (so nennt man chinesische Astronauten) rund 21 Stunden in einer Weltraumkapsel, mittlerweile gibt es insgesamt elf Taikonauten. 2007 folgte mit der oben erwähnten Mond-Sonde „Chang’e 1“ der Startschuss für die chinesische Erforschung des Erdtrabanten.

Anders als bei den USA, steht der Mond im Zentrum der chinesischen Weltrauminteressen – und das wird sich trotz Langzeitplänen für eine Mars-Mission auch in den nächsten Jahren nicht ändern. Derzeit gibt es sogar konkrete Pläne nach Jahrzehnten erstmals wieder eine bemannte Mission auf den Mond zu schicken. Zudem will China eine Sonde auf der „dunklen“, also erdabgewandten, Seite landen – das wäre eine Premiere.

Danach: Raumlabore und Weltraumbahnhof

Auch in anderen Bereichen durfte die CNSA Erfolge bejubeln. 2011 wurde das Raumlabor „Tiangong 1/Himmelstempel“ in die Erdumlaufbahn geschickt. Die Station hat vor wenigen Wochen für Schlagzeilen gesorgt, weil sie außer Kontrolle geraten ist und in den nächsten Monaten auf die Erde stürzen wird.

„Tiangong 1“ war jedoch nie als Langzeitprojekt geplant, denn bereits im September 2016 war mit „Tiangong 2“ eine Nachfolgestation ins All geschickt worden. Diese hat mittlerweile sogar einige Andockmanöver unbeschadet überstanden – unter anderem wurde sie einige Zeit von Taikonauten bewohnt. 2016 startete China insgesamt 22 Mal in den Orbit und damit genau so oft wie die USA. Mit dem neuen Weltraumbahnhof auf Hainan verfügt China zudem über vier eigene Startzentren für Trägerraketen.

Zukunftspläne

China hat in Sachen Weltraum immer schon sein eigenes Ding gemacht (mit Ausnahme von ein wenig Starthilfe von russischen Ingenieuren) und es sieht nicht so aus, als ob sich daran in den nächsten Jahren etwas ändern wird. Während die US-Raumfahrtbehörde NASA und ihr russisches Pendant Roskosmos regelmäßig kooperieren, plant China auf eigene Faust eine bemannte Mond- und Mars-Mission, sowie den Ausbau ihrer Raumstation und den Abbau von Rohstoffen auf dem Mond. Diese Pläne hat die CNSA im Dezember 2016 in einem White Paper offengelegt.

Eigentlich kann man sich für den Fortschritt der menschlichen Expansion ins All nur wünschen, dass es China gelingt seine ambitionierten Pläne umzusetzen – im besten Fall in Zusammenarbeit mit den anderen Weltraummächten. Da sich die Regierung in Beijing aber des propagandistischen und militärischen Werts ihres Weltraumprogramms bewusst zu sein scheint, und der US-Kongress der NASA sogar eine Zusammenarbeit mit der CNSA untersagt hat, muss man wohl damit rechnen, dass es auch in den kommenden Jahren kaum weitere Annäherungsversuche an die USA und Russland geben wird.

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