Beim Homo neanderthalensis (auch Neandertaler) handelt es sich um einen seit mehr als 40.000 Jahren ausgestorbenen Verwandten des anatomisch modernen Menschen. Er entwickelte sich einst parallel zum afrikanischen Homo sapiens in Europa. Heute könnte eine Mutation in seinen Genen dem Corona-Schutz dienen und Menschen davor bewahren, der herrschenden Pandemie zum Opfer zu fallen.
Corona-Schutz: Neandertaler-Gene gegen schwere Fälle
Eine von Hugo Zeberg und Svante Pääbo am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie durchgeführte Studie knüpft an frühere Forschungen an, die nahelegten, dass Neandertaler-DNS mit einem höheren Risiko für schwere Krankheiten verbunden zu sein scheint. Allerdings nähert sich diese neue Forschungsarbeit der Genetik unseres Vettern auf einem anderen Blickwinkel und legt nahe, dass bestimmte Merkmale sogar zum Corona-Schutz beitragen könnten.
Sie fanden heraus, dass eine bestimmte Haplogruppe, also eine Population, die eine gemeinsame DNS hat, eine um etwa 22 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit hat, einen schweren Fall von COVID-19 zu entwickeln. Gruppen wie diese setzen sich aus Haplotypen, den Varianten einer Nukleotidsequenz auf ein und demselben Chromosom im Genom eines Lebewesens zusammen, die spezifische Positionen auf einem Chromosom innehaben, zusammen.
Diese spezielle Haplogruppe ist vorrangig in Populationen außerhalb Afrikas verbreitet, so Zeberg und Pääbo, da sich der Neandertaler außerhalb des Kontinents entwickelte. Die DNS, von der angenommen wird, dass sie vor Krankheiten schützt, wurde auf dem 12. Chromosom gefunden, während die DNS, die in einer früheren Studie entdeckt wurde und von der die Forscher theoretisch annahmen, dass sie die Wahrscheinlichkeit einer schweren Covid-19-Erkrankung erhöht, auf dem dritten Chromosom gefunden wurde.
Merkmal lebt im modernen Menschen weiter
Die Neandertaler und ihre asiatische Schwestergruppe, die Denisovaner, seien zwar vor Zehntausenden von Jahren ausgestorben, aber ihr genetischer Einfluss halte bis heute an. „Einige dieser Beiträge könnten Anpassungen an Umgebungen außerhalb Afrikas widerspiegeln, wo die Neandertaler über mehrere hunderttausend Jahre lebten“, konstatieren die Forscher. „Während dieser Zeit haben sie sich wahrscheinlich an Infektionskrankheiten angepasst, die bekanntermaßen starke Selektionsfaktoren darstellen, die sich zumindest teilweise zwischen Subsahara-Afrika und Eurasien unterschieden haben könnten.“
Der Neandertaler-Haplotyp „auf Chromosom 12 ist schützend für schwere Erkrankungen in der aktuellen SARS-CoV-2-Pandemie“, schreiben die Forscher. Er sei in Populationen in Eurasien und Amerika mit Trägerfrequenzen vorhanden, die oft 50 Prozent erreichen und sogar überschreiten würden. Nach einem effektiven Corona-Schutz suchen Wissenschaftler bereits seit geraumer Zeit. Abseits von Neandertaler-Genen könnten aber auch T-Zellen-Konzentrationen eine wichtige Rolle spielen.