Mit Hilfe des Chandra X-ray Observatory, einem Röntgenteleskop der NASA, könnten Astronomen ein uraltes Rätsel der Physik gelöst haben. In einer Entfernung von 12,7 Milliarden Lichtjahren zur Erde entdeckten sie einen Quasar, der erklären könnte, wie sich die größten Schwarzen Löcher früh in der Geschichte des Universums gebildet haben. Dieses supermassive Schwarze Loch namens PSO J352.4034-15.3373 (kurz: PJ352-15) befindet sich im Zentrum einer noch vergleichsweise jungen Galaxie.
Quasar liefert Antworten – aber auch Fragen
Bislang galt die gängige These, Schwarze Löcher würden ausschließlich aus dem Kollaps unfassbar massereicher Sterne entstehen. Phänomene wie der Quasar PJ352-15 scheinen dem aber zu widersprechen. Immerhin scheinen sie bereits unmittelbar nach dem Urknall entstanden zu sein und mit ihrem rasanten Wachstum begonnen zu haben – also zu einer Zeit, zu der es längst noch keine Sternenleichen gab, aus denen sie hätten entstehen können.
Der neu entdeckte Röntgenquasar-Jet soll etwa bereits zu einer Zeit existiert haben, als das Alter des Universums gerade mal 980 Millionen Jahre betrug. Die Länge des durch PJ352-15 ausgestoßenen Jets erwies sich als 1,6-mal größer als der Durchmesser der Milchstraße. Um zu verstehen, wie genau solche Objekte entstanden sind, suchen Wissenschaftler nach weiteren sehr weit entfernten Quasaren, die die Kerne aktiver Galaxien darstellen, und versuchen, die Massen von Schwarzen Löchern abzuschätzen und die Rate der Akkretion von Materie an ihnen zu bestimmen.
PJ352-15 selbst wurde schon 2018 entdeckt und war zum Zeitpunkt seiner Entdeckung der radiolauteste Quasar. Mittlerweile wurde er in dieser Position von dem Schwarzen Loch P172+18 abgelöst. Ein Team von Astronomen unter der Leitung von Thomas Connor vom Jet Propulsion Laboratory der NASA hat die Ergebnisse einer Analyse von Beobachtungsdaten des Quasars vom Chandra X-ray Observatory veröffentlicht und auch archivierte Daten von optischen, Infrarot- und Radioteleskopen untersucht.
Astronomen erhoffen sich neue Erkenntnisse
Radiobeobachtungsdaten zeigten, dass PJ352-15 eine lineare Struktur mit drei hellen Komponenten aufweist, die von den Wissenschaftlern als ausgedehnte relativistische Jets interpretiert wurden. In der neuen Arbeit machten sich die Wissenschaftler daran, die Existenz von Jets zu bestätigen und ihre Eigenschaften zu verstehen.
„Wenn sich ein Spielplatzkarussell zu schnell bewegt, ist es für ein Kind schwer, sich auf das Zentrum zuzubewegen, also muss jemand oder etwas die Fahrt verlangsamen“, erklärt Connor. „In der Umgebung von supermassiven Schwarzen Löchern denken wir, dass Jets genug Energie abführen können, damit Material nach innen fallen und das Schwarze Loch wachsen kann.“
Die Länge dieses Jets sei signifikant, denn sie bedeute, dass das supermassive Schwarze Loch, das ihn antreibt, über einen beträchtlichen Zeitraum hinweg gewachsen sei, bestätigt auch Eduardo Bañados vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA). „Dieses Ergebnis unterstreicht, wie sehr Röntgenuntersuchungen an fernen Quasaren das Wachstum der am weitesten entfernten supermassereichen Schwarzen Löcher erforschen können.“
Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Erkenntnisse der Quasar PJ352-15 zur Entstehung Schwarzer Löcher und dem Urknall liefern wird.