2017 erschien Oumuamua in unserem Sonnensystem. Das Objekt ist dabei gleich aus mehreren Gründen von besonderem wissenschaftlichen Interesse. So handelt es sich nicht nur um den ersten interstellaren Besucher. Auch seine Merkmale sorgen für Rätsel, denn sie widersprechen was bislang über Kometen und Asteroiden bekannt ist. Nun jedoch gibt es eine neue Theorie.
Oumuamua: Darum ist der Komet so rätselhaft
Mit seinem Erscheinen in unserem Sonnensystem wurde Oumuamua augenblicklich zu einem der meistdiskutierten Kometen der Geschichte. Denn es war nicht erklärbar, warum das Objekt keinen typischen Schweif hatte oder woher seine seltsame lange Form und geringe Größe kam.
Das größte Rätsel um Oumuamua liegt allerdings in der Frage, warum sich der Komet von der Sonne weg beschleunigte. Weil dieses Verhalten so ungewöhnlich ist, kam es schließlich zur Spekulation, es könne sich dabei um ein außerirdisches Raumschiff handeln, das zu Forschungszwecken in unser Sonnensystem ausgesandt wurde.
Der Komet verwirrte Fachleute so sehr, dass man ab August 2020 sogar eine Raumfahrtmission zu Oumuamua in Erwägung zog. Sie soll endgültig für Klarheit über die „Identität“ des Objektes sorgen. Für den Start legte man vorerst das Jahr 2031 fest. Erreichen würde ein entsprechendes Raumschiff sein Ziel dann 2049.
Wasserstoff soll eine Erklärung liefern
Tatsächlich ist die Erklärung womöglich einfacher als vermutet. Oumuamuas Flugbahn könnte neuen Erkenntnissen zufolge das Ergebnis von Wasserstoff sein, der aus dem Kometen austrat als er von der Sonne erwärmt wurde.
Da der Komet so klein war, hätte der winzige Schub durch das aus dem Eis des Objekts austretende Gas ausgereicht, dass seine Bahn verändert wurde. Das erklärten die Wissenschaftler*innen im jüngst dazu veröffentlichten Bericht.
Es wird vermutet, dass das zigarrenförmige Objekt etwa 115 Meter lang und rund 19 Meter breit ist. Man wisse allerdings nicht genau, welche Ausmaße Oumuamua wirklich aufweist, weil er aufgrund seiner geringen Größe nicht von Teleskopen erfasst werden kann.
Da alle bislang in unserem Sonnensystem beobachten Kometen zudem zwischen einem und Hunderten von Kilometern groß sind, wisse man nur begrenzt, wie sich kleinere Exemplare bewegen könnten.
Die Theorie zum Anschub durch Wasserstoff hatte Jennifer Bergner, Chemie-Assistenzprofessorin an der UC Berkeley, vorgeschlagen. Ihr Kollege Darryl Seligman sagte dazu:
„Das Schöne an Jennys Idee ist, dass sie genau dem entspricht, was bei interstellaren Kometen passieren sollte. Wir hatten all diese dummen Ideen, wie Wasserstoff-Eisberge und andere verrückte Dinge, und es ist einfach die allgemeinste Erklärung“.
Darryl Seligman (via Independent)
50 Jahre alte Daten halfen, die Theorie zu prüfen
Um zu verifizieren, ob diese Erklärung zutrifft, untersuchte Bergner, wie molekularer Wasserstoff mit Kometen interagieren könnte. Sie fand zum Teil 50 Jahre alte Forschungsergebnisse, laut denen es möglich ist, dass molekularer Wasserstoff erzeugt und im Eis eines Kometen eingeschlossen wird.
Modelle zeigten die Kraft, die entsteht, wenn Wasserstoff durch die Erwärmung der Sonne als Gas aus dem Kometen herausschießt. Diese würde ausreichen, um ein Objekt wie Oumuamua auf seiner Reise durch den Weltraum zu schieben und zu beschleunigen.
Bislang konnte man sechs weitere Kometen identifizieren, die keinen sichtbaren Schweif haben, sich aber unerwartet beschleunigen. Auch wenn nicht alle mit molekularem Wasserstoff erklärt werden können, so deuten sie doch darauf hin, dass sich kleine Körper selbst um das Sonnensystem schieben können.
Quellen: „Acceleration of 1I/‘Oumuamua from radiolytically produced H2 in H2O ice“ (Nature, 22. März 2023), Independent
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