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Bizarre Objekte in der Milchstraße entdeckt – Forscher können sie nicht sicher zuordnen

Die Gravitation des Schwarzen Lochs Sagittarius A* hat immense Auswirkungen auf seine unmittelbare Umgebung. Das zeigen mitunter sechs ungewöhnliche Objekte.

Bunte Wolken im Weltall
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Milchstraße - Die wichtigsten Fakten zu unserer Galaxie

Fakten zur Milchstraße

Seit Jahrtausenden schon sucht die Menschheit in den Sternen nach Antworten auf einige grundlegende Fragen. Im Laufe der Zeit entwickelte sie so nicht nur ein umfangreiches Verständnis für den Planeten, den sie ihr Zuhause nennt, sondern auch über den Raum, in dem sich dieser bewegt. Wir erweiterten unser Wissen um das Sonnensystem, die Milchstraße und weit darüber hinaus. Und dennoch weiß unsere Galaxie uns immer wieder aufs Neue zu überraschen.

Milchstraße: „Objekte sehen aus wie Gas, verhalten sich aber wie Sterne“

Ein Team bestehend aus Astronominnen und Astronomen der University of California (UCLA) und des W. M. Keck Observatory auf der hawaiischen Insel Mauna Kea haben im Zentrum unserer Galaxie gleich vier bizarre Objekte entdeckt. Sie befinden sich in unmittelbarer Umgebung des supermassiven Schwarzen Lochs Sagittarius A* und verhalten sich ausgesprochen eigenartig.

Im Rahmen einer 2020 im Fachjournal Nature veröffentlichten Studie benannte sie das Team um die leitende Autorin und UCLA-Postdoktorandin Anna Ciurlo als „G-Objekte“. Zwei solcher Objekte, G1 und G2, hatten Forschende bereits in den Jahren 2005 und 2012 in der Milchstraße entdeckt – Ciurlo et alii identifizierten G3, G4, G5 und G6.

„Diese Objekte sehen aus wie Gas, verhalten sich aber wie Sterne“, erklärte Co-Autorin Andrea Ghez. Sie ist Professorin für Astrophysik und Direktorin der UCLA Galactic Center Group – außerdem war es ihr Team, das 2005 das erste G-Objekt identifizierte. Randy Campbell, Leiter des wissenschaftlichen Betriebs am Keck-Observatorium und weiterer Co-Autor der Studie, ergänzte: „Die Tatsache, dass nun mehrere dieser Objekte in der Nähe des Schwarzen Lochs beobachtet wurden, bedeutet, dass sie höchstwahrscheinlich Teil einer gemeinsamen Population sind.“

Ein Stern zum Preis von zwei

Ghez und ihr Team gehen davon aus, dass es sich bei G2 höchstwahrscheinlich einst um zwei Sterne gehandelt habe. Diese hätten Sagittarius A* umkreist und seien schließlich in einen extrem großen Stern verschmolzen, umgeben von einer ungewöhnlich dichten Wolke aus Gas und Staub. Dabei weise der Orbit des Objekts im Gegensatz zu seinen 2020 entdeckten Artgenossen eine große Ähnlichkeit zu G1 auf.

„Zum Zeitpunkt der größten Annäherung hatte G2 eine wirklich seltsame Signatur. Wir hatten es zwar schon vorher gesehen, aber es sah nicht sonderbar aus, bis es sich dem Schwarzen Loch näherte und länglich wurde und ein großer Teil seines Gases auseinandergerissen wurde. Es wurde von einem ziemlich harmlosen Objekt, als es noch weit vom Schwarzen Loch entfernt war, zu einem Objekt, das bei seiner nächsten Annäherung wirklich gestreckt und verzerrt war und seine äußere Hülle verlor, und jetzt wird es wieder kompakter.“

Andrea Ghez

Die Wissenschaftlerin ist der Ansicht, dass es sich bei jedem der Objekte einst um binäre Sternsysteme gehandelt haben müsse. Lediglich die immensen Gezeitenkräfte des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße hätten diese dazu veranlasst zu verschmelzen. Laut Ghez beanspruche ein solcher Prozess Zeiträume von circa einer Million Jahren.

Theorie bislang nicht bestätigt

Noch handelt es sich bei den Annahmen von Ciurlo, Ghez, ihren Kolleginnen und Kollegen lediglich um eine Theorie. Wenngleich vieles dafür spricht, können sich die Forschenden bislang nicht sicher sein, dass diese stimmt. So sind es nicht nur die Orbits, in denen sich die sechs G-Objekte voneinander unterscheiden.

So schreibt das Team in seiner Forschungsarbeit, dass die vier jüngst identifizierten Objekte im Brackett-γ (Brγ)-Spektrum etwa doppelt so hell erscheinen als G1 und G2. Dabei handelt es sich um Spektrallinien, die mit hoch angeregtem Wasserstoff assoziiert sind. G1, G2 und G3 würden zudem über klare Gegenstücke im Radiospektrum verfügen, anders als G4, G5 und G6. Ebenfalls interessant: G3 bis G6 weisen starke Eisen (III)-Emissionen auf, G1 und G2 nicht.

Diese und weitere Unterschiede sind es, die Astronominnen und Astronomen noch immer rätseln lassen, ob sie sich tatsächlich auf der richtigen Route befinden, oder sie sich bei den G-Objekten möglicherweise doch irren könnten.

Quelle: „A population of dust-enshrouded objects orbiting the Galactic black hole“ (Nature, 2023); W. M. Keck Observatory

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