Die Freigabe von Spionagefotos, die während des Kalten Krieges von Satelliten aufgenommen wurden, hat zu einem bedeutenden archäologischen Fund geführt: In Syrien und im Irak wurden 396 bisher unbekannte römische Festungen entdeckt. Diese Funde werfen neue Fragen bezüglich der Funktion der römischen Grenzbefestigungen auf. Frühere Luftaufnahmen aus den 1930er Jahren, erstellt vom französischen Jesuiten und Forscher Antoine Poidebard, legen nahe, dass diese Festungen hauptsächlich Verteidigungszwecken dienten.
Archäologischer Fund dank Satellitenbildern
Die neueren Bilder aus den 1960er und 70er Jahren bieten eine andere Perspektive. Diese in Antiquity veröffentlichten Aufnahmen deuten darauf hin, dass die Befestigungen möglicherweise weniger als Verteidigungsanlagen, sondern mehr zur Unterstützung von Handel dienten. Es geht um die Unterstützung von Karawanen, um Kommunikation und um Transport. Daraus ergibt sich eine spannende Frage: Dienten diese Forts als Mauer oder als Handelsstraße?
„Seit den 1930er Jahren haben Historiker und Archäologen über den strategischen oder politischen Zweck dieses Befestigungssystems debattiert“, zitierte der Guardian Jesse Casana, Professor am Dartmouth College in New Hampshire und Hauptautor der neuen Studie. „Aber nur wenige Wissenschaftler haben Poidebards grundsätzliche Beobachtung in Frage gestellt, dass es eine Reihe von Festungen gab, die die römische Ostgrenze begrenzten.“
Sicherer Transit
Die geographische Verteilung der neu entdeckten Forts passt nicht zur Theorie einer durchgängigen Nord-Süd-Verteidigungsmauer. Es sieht eher so aus, als ob diese Forts zum Schutz von Handelskarawanen errichtet wurden, die zwischen römischen Provinzen und anderen Gebieten reisten. Sie könnten auch für die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Regionen zentral gewesen sein. Mit anderen Worten schafft dieser neue archäologische Fund ein völlig neues Verständnis des Römischen Reiches.
Die Dartmouth-Studie identifizierte nicht eine Nord-Süd-, sondern eine Ost-West-Ausrichtung der Festungen. Diese Erkenntnis deutet darauf hin, dass die Festungen in Gebieten mit geringer Besiedlung lagen, die weit hinter der östlichen Grenze des Reiches lagen. Sie ermöglichten sicheren und sicheren Transit durch die Landschaft, boten Wasser und Unterkunft für Reisende und spielten eine entscheidende Rolle bei der Verbindung von Ost und West.
Historische Überbleibsel „sind extrem bedroht“
Das gibt uns ein vielschichtigeres Bild des Römischen Reiches. Es zeigt, dass die Römerinnen und Römer nicht nur auf Militärmacht setzten. Sie legten auch Wert auf Handel und Kommunikation mit angrenzenden Gebieten.
„Wir waren nur in der Lage, die archäologischen Überreste von 38 der 116 Kastelle von Poidebard sicher zu identifizieren“, so Casana. „Darüber hinaus sind viele der wahrscheinlichen römischen Kastelle, die wir in dieser Studie dokumentiert haben, bereits durch die jüngste städtische oder landwirtschaftliche Entwicklung zerstört worden, und unzählige andere sind extrem bedroht.“
Die Satellitenbilder selbst haben eine interessante Geschichte: Sie stammen aus einem Spionageprogramm, das während der intensiven geopolitischen Rivalität zwischen den USA und der Sowjetunion durchgeführt wurde. Sie bieten uns einen seltenen, detaillierten Einblick in Landschaften und archäologische Funde, die durch die moderne Entwicklung seitdem verändert wurden.
Quelle: „A wall or a road? A remote sensing-based investigation of fortifications on Rome’s eastern frontier“ (Antiquity, 2023); The Guardian
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