Die Idee eines einsamen Sterns, der die Balance unseres Sonnensystems beeinträchtigt, ist zwar unwahrscheinlich, aber dennoch fesselnd. Ein Forscherteam, angeführt von Astrophysiker Sean Raymond, widmete sich dieser Fragestellung. Sie erforschten die möglichen Konsequenzen eines Vorbeizugs eines solchen Sterns in einer Entfernung von weniger als 100 astronomischen Einheiten (AE) von unserer Sonne. Obwohl die Chancen dafür gering sind, könnten die Folgen für unser Sonnensystem erheblich sein.
Sonnensystem: Simulation untersucht Gefahr durch Einzelgänger-Sterne
Unser Sonnensystem ist ein Musterbeispiel für Stabilität und Vorhersehbarkeit. Diese Stabilität ist jedoch empfindlich und anfällig für Störungen durch massive Gravitationskräfte, wie die eines vorbeiziehenden Einzelgänger-Sterns. In ihrer neuen Studie verwendeten Raymond und sein Team N-Körper-Simulationen, um die Auswirkungen eines solchen Ereignisses zu analysieren. Dabei berücksichtigen sie Faktoren wie die Masse des Sterns, seine Geschwindigkeit und die bestehenden Planetenbahnen.
Eine N-Körper-Simulation ist ein rechnergestütztes Verfahren, das man in der Astrophysik einsetzt, um die Bewegung und Wechselwirkung mehrerer Objekte (den „N Körpern“) unter dem Einfluss der Schwerkraft zu simulieren. Diese Objekte können Planeten, Sterne oder andere Himmelskörper sein. In solchen Simulationen werden die Gravitationskräfte zwischen allen Objektpaaren berechnet, um ihre Bahnen über die Zeit zu verfolgen. Diese Methode ist besonders nützlich, um komplexe astrophysikalische Systeme wie Sonnensysteme, Galaxien oder Sternhaufen zu untersuchen.
Die Simulationen zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit einer bedeutenden Störung des Sonnensystems durch einen Einzelgänger-Stern zwar gering ist, die möglichen Folgen jedoch vielfältig und komplex sind. Über 95 Prozent der Simulationen ergaben, dass alle acht Planeten des Sonnensystems eine solche Begegnung überleben würden. Allerdings bedeutet Überleben nicht, dass ihre Bahnen unverändert bleiben. Sie könnten von geringfügigen Veränderungen bis hin zu erheblichen Bahnverschiebungen reichen.
Eine besorgniserregende Möglichkeit ist das Risiko von Planetenkollisionen oder -auswürfen. So könnte die Erde mit einem anderen Planeten kollidieren oder in die Sonne gezogen werden. Die äußeren Planeten, insbesondere Uranus und Neptun, könnten aus dem Sonnensystem geworfen werden, da ihre Bindung an die Sonne schwächer ist. Merkur, als der masseärmste Planet, hat ein höheres Risiko, in die Sonne gezogen zu werden.
Geringes Risiko für Kollisionen
Die Simulationen berücksichtigen das Angular Momentum Deficit (AMD), ein Maß für die orbitale Erregung und langfristige Stabilität eines Planetensystems. Dieses Konzept hilft dabei, die möglichen Änderungen in den Planetenbahnen zu verstehen. Die Ergebnisse variieren von kleinen Störungen bis hin zur kompletten Umstrukturierung des Sonnensystems. Das Schicksal der Erde ist dabei besonders ungewiss. Sie könnte mit einem anderen Körper kollidieren, aus ihrer Bahn geworfen werden oder sogar in die entfernte Oortsche Wolke verbannt werden.
In gewisser Weise beruhigen die Ergebnisse der Untersuchung aber auch. So ist nicht nur das Eindringen eines Einzelgänger-Sterns in unser Sonnensystem ausgesprochen unwahrscheinlich. Denn wie Universe Today berichtet, fallen auch die Wahrscheinlichkeiten für Kollisionen ausgesprochen gering aus:
- Merkur kollidiert mit der Sonne (Wahrscheinlichkeit von 2,54 %)
- Mars kollidiert mit der Sonne (1,21 %)
- Venus stößt mit einem anderen Planeten zusammen (1,17%)
- Uranus wird herausgeschleudert (1,06%)
- Neptun wird herausgeschleudert (0,81%)
- Merkur stößt mit einem anderen Planeten zusammen (0,80%)
- Erde stößt mit einem anderen Planeten zusammen (0,48%)
- Saturn wird herausgeschleudert (0,32%)
- Mars stößt mit einem anderen Planeten zusammen (0,27%)
- Erde kollidiert mit der Sonne (0,24%)
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Kleine Verschiebung mit großen Folgen
In extremen Szenarien könnte die Erde von dem Einzelgänger-Stern eingefangen werden. Sie würde dann ihre Bahn um die Sonne verlassen und Teil eines neuen Planetensystems werden. Die Auswirkungen für den Planeten und seine Bewohner*innen wären unbekannt und könnten katastrophal sein. Solch ein Ereignis, obwohl sehr unwahrscheinlich, zeigt die Unberechenbarkeit des Weltraums und die Vielzahl an Möglichkeiten, die in unserer Galaxie existieren.
Die Entfernung der Erde von der Sonne beeinflusst direkt die Menge der auf die Erdoberfläche treffenden Sonnenenergie. Das bedeutet, dass wenn auch nicht für den Planeten selbst, zumindest für uns eine leichte Verschiebung im Orbit um die Sonne fatale Folgen haben könnte. Eine Verschiebung, die die Erde näher an die Sonne bringt, könnte zu einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen führen. Umgekehrt könnte eine Verschiebung, die die Erde weiter von der Sonne entfernt, potenziell zu einer Abkühlung führen. Diese Änderungen könnten die Klimazonen der Erde, Wettermuster und Meeresströmungen beeinflussen.
Änderungen in Temperatur und Wetter könnten erhebliche Auswirkungen auf Ökosysteme haben. Ein solches Szenario könnte zu einer Veränderung der Vegetationszonen führen, die Ausbreitung einiger Tierarten beeinträchtigen und die Meeresökosysteme stören, einschließlich Korallenriffe und Fischpopulationen.
Quellen: „Future trajectories of the Solar System: Dynamical simulations of stellar encounters within 100 au“ (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2023); Universe Today
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