Unsere Sonne könnte etwas bisher Einmaliges getan haben: Womöglich hat sie in ihren – auf kosmologischer Ebene – jungen Jahren ein Schwarzes Loch vertilgt. Die Theorie geht auf den bereits verstorbenen Physiker Stephen Hawking zurück. Neue Ergebnisse geben seiner These frischen Aufwind.
Hat unsere Sonne ein Schwarzes Loch verspeist?
Manchmal treffen sich Wissenschaft und Kunst auf unvorhergesehene Art und Weise. So inspirierte der 1994 erschienene Song „Black Hole Sun“ von Soundgarden den Astrophysiker Earl Bellinger vom Max-Planck-Institut zu einer Überlegung. Vor zwei Jahren, während er dieses ikonische Lied hörte, überlegte Bellinger, ob winzige Schwarze Löcher aus der Frühzeit des Universums möglicherweise in massiven Sternen – wie auch unserer Sonne – verborgen sein könnten.
Die kürzlich von Bellinger und Kolleg*innen veröffentlichte Studie erforscht ebendiese Möglichkeit, diese verborgenen Schwarzen Löcher zu entdecken. Dazu wollen sie die Vibrationen beobachten, die die Löcher auf der Oberfläche eines Sterns erzeugen könnten.
Besonders spannend an diesem Projekt: Wenn diese winzigen Schwarzen Löcher in ausreichender Anzahl existieren, könnten sie möglicherweise den mysteriösen Dunkle-Materie-Anteil bilden, der das Universum zusammenhält. Die spekulative, aber faszinierende Studie geht dabei auf einen Kerngedanken von verstorbenen Physiker Stephen Hawking zurück.
Stephen Hawking forschte intensiv an Schwarzen Löchern
Gewöhnliche Schwarze Löcher entstehen normalerweise durch den Untergang massiver Sonnen, aber Stephen Hawking schlug 1971 eine alternative Entstehung vor. Er ging davon aus, dass primordiale Schwarze Löcher in der dichten Teilchenumgebung kurz nach dem Urknall entstanden sein könnten, weiß Science.org. Wenn diese ersten Schwarzen Löcher oft genug vorhanden sind, könnten sie als Dunkle Materie fungieren und einen beachtlichen Teil der Masse des Universums ausmachen.
Die Studie von Bellinger geht davon aus, dass Dunkle Materie ausschließlich aus solchen winzigen Schwarzen Löchern bestehen könnte. Diese sollen dabei die Masse eines Asteroiden haben und dabei den Durchmesser eines winzigen Wasserstoffatoms aufweisen. Eingefangen würden diese Schwarzen Löcher in Gaswolken, die Sterne gebären und so schließlich von ihnen vertilgt werden. Dasselbe soll auch unsere Sonne getan haben.
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Weitere Nachforschungen vonnöten
Bisher gehen Bellinger und Kolleg*innen davon aus, dass die verschlungenen Schwarzen Löcher ganz verschiedene Schicksale haben. Die kleinsten unter ihnen könnten etliche Milliarden Jahre brauchen, um groß genug zu werden, wiederum den Stern zu verschlingen. Größere Exemplare hingegen könnten lediglich einige hundert Millionen Jahre dafür benötigen. Aus den Sternen könnten dann sogenannte „Hawking-Sterne“ entstehen. Diese geben eine charakteristische Strahlung ab und würden sich mit der Zeit in Rote Riesen verwandeln. Eben dieses Schicksal steht unserer Sonne bevor.
Bislang kann man sich jedoch nicht sicher sein, ob es sich hierbei um Tatsachen oder schlichtweg eine nette Theorie handelt. Das Forschungsteam möchte daher sogenannte Rote Nachzügler untersuchen. Dank Daten des Gaia-Satelliten der ESA (Europäische Weltraumorganisation) liegen der Gruppe schon 500 solcher Exemplare vor, dessen Vibrationen sie nun untersuchen wollen. Unter ihnen könnten sich etliche „Hawking-Sterne“ befinden, die ein Schwarzes Loch beinhalten und damit zu einer echten „Black Hole Sun“ würden.
Quelle: Science.org
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