Unseren Berechnungen zufolge muss vor circa 14 Milliarden Jahren das Universum entstanden sein. Einen kurzen Augenblick lang hat es sich dann extrem schnell ausgedehnt. Bis heute sehen wir die Folgen davon, die Ausdehnung schreitet auch in diesem Moment noch voran – nur eben viel langsamer. Ursache des ganzen soll eine riesige Explosion gewesen sein. Wir nennen sie den Urknall. Doch gab es ihn wirklich? Oder sind wir auf der falschen Fährte? Zwei Studien haben sich mit alternativen Theorien auseinandergesetzt und sich auf ein Szenario einigen können.
Urknall: Nicht die einige Theorie zum Beginn des Universums
Es gibt verschiedene Alternativen zum Urknall. Neben dem Big Bang sprechen manche etwa von Big Bounce. Bei letzterer Theorie soll es zu einem wiederholten Zusammenziehen der Materie kommen, wenn das Universum maximal expandiert ist. Das würde heißen, dass auch das Universum, indem wir gerade leben, irgendwann kollabiert, sich aber dann ein neues bildet. Gleichzeitig würde daraus die Schlussfolgerung entstehen, dass wir sicherlich nicht in der ersten, aber auch nicht in der letzten Version des Universums leben.
Eine Alternative zum Urknall und zum Big Bounce ist, dass es weder Anfang noch Ende gibt. Das Universum ist einfach. Allerdings gibt es hier viele ungeklärte Fragen: Wieso dehnt sich das Universum in einer gewissen Geschwindigkeit aus? Wir können ebenso das Aussehen des Weltalls teilweise bis kurz vor dem Urknall zurückverfolgen. Wenn es das schon immer gibt, wieso hat es sich so verändert?
Doch auch beim Urknall selbst gibt es Ungereimtheiten. Bisherige Modelle gehen von einer gleichmäßigen Expansion des Universums nach dem Big Bang aus. Am Anfang war diese sehr schnell. Mit der Zeit verlangsamte sich die Expansionsgeschwindigkeit, das Universum kühlte sich ab. Doch gehen wir davon aus, dass es vor dem Urknall einen winzigkleinen Punkt mit unendlicher Dichte gab, in dem sich alle Masse konzentrierte (Singularität) bis es zur Expansion kam, dann müssten wir auch ein gleichmäßiges Leuchten aus der Zeit wahrnehmen. Allerdings ist der sogenannte kosmische Mikrowellenhintergrund (CMB) unregelmäßig – so als hätte es eben keine Singularität und keine gleichmäßige Explosion gegeben.
CMB als Anzeichen für den Big Bounce?
Diese Abweichung kann als ein Indiz für den Big Bounce gehandelt werden. Die Schwankungen im CMB ließen sich sehr wohl erklären, wenn es vorher ein entwickeltes Universum gab, welches mitsamt seiner Unregelmäßigkeiten kollabiert ist, bevor ein neues aus derselben Energie entstand. Hinzu kommt, dass der Big Bounce die unvorstellbaren und mathematisch absurden Singularitäten ebenfalls ausklammern würde.
Ob es einen Big Bounce gab, ließe sich durch Spuren im sogenannten Bispektrum nachweisen. Dieses sollte Hinweise im Mikrowellenhintergrund aufdecken, die auf ein vorab entwickeltes Universum schließen lassen. „Wenn es beobachtet wird“, zitiert Scientific American den Physiker Ivan Agullo, „würde das Bispektrum als Beweis für die Existenz eines Sprungs anstelle eines Knalls dienen.“
Mathematische Berechnungen seitens Agullo und seinem Team zeigen, wie das Bispektrum im Falle der Urknall-Alternative aussehen müsste. Der Abgleich mit der Realität beweist nun jedoch, dass es keine Muster in diesem Bereich zu erkennen gibt. Das macht den Big Bang im Gegensatz zum Big Bounce um einiges realistischer.
Für Agullo ist dies kein Grund zur Freude, da er auf Hinweise für ein dynamisches Universum gehofft hatte. Jedoch heißt der Fund auch nicht, dass der Big Bounce gänzlich ausgeschlossen ist. Viele andere Modelle, die mit anderen Voraussetzungen arbeiten, wären nach wie vor im Rennen.
Gab es überhaupt einen Anfang?
Wie eingangs erwähnt, gibt es neben der Big Bounce-Alternative zum Urknall auch die Möglichkeit, dass es gar keinen Anfang gab. Das Weltall könnte einfach schon immer existieren und auch für immer existieren. Doch auch in diesem Szenario würde es Zyklen und Sprünge durchlaufen. „[Das Universum] besteht aus einer Reihe von Sprüngen, die über eine unendliche Anzahl von Zyklen hinweg andauern und über eine unendliche Anzahl weiterer Zyklen andauern. Und weil ein solches Universum keinen Anfang hat, gibt es keinen Urknall und keine Singularität.“, präsentiert Scientific American die Theorie weiter.
Allerdings macht hier die sogenannte Entropie einen Strich durch die Rechnung. Hierbei handelt es sich um physikalische Größe, welche die Unordnung in einem Teilchensystem beschreibt. Im expandierenden Universum (und dabei spielt der Ursprung keine Rolle) nimmt die Entropie mit der Zeit zu. Das bedeutet auch: Blickt man in die Vergangenheit, müsste die Entropie abnehmen.
Bei einem seit jeher existierenden Universum, welches bereits mehrere Sprünge durchlaufen hat, nimmt die Entropie also weiter und weiter zu, bis wir etwa in der Gegenwart mit unseren Sternen und Galaxien sind. Reist man nun zurück, gelangt man irgendwann an einem Punkt, wo das Universum absolut geordnet war. Und damit käme man wieder bei der Urknall-Theorie an. Denn in der Sigularität ist die Entropie gleich null.
Kam erst der Big Bang & dann der Bounce?
Zu diesem Schluss kamen nach der Auswertung physikalischer und mathematischer Beobachtungsdaten die Forschenden um den Physiker William Kinney von der University at Buffalo. Er sagt: „Ich habe das Gefühl, dass wir etwas Grundlegendes über das Universum gezeigt haben, nämlich, dass es wahrscheinlich einen Anfang hatte.“ Allerdings kann dies weiterhin bedeuten, dass wir bei weitem nicht in der ersten Version des Universums leben.
Womöglich handelt es sich hier um eine Möglichkeit die Theorie von Urknall mit der vom springenden Universum zu vereinen und somit die beiden getrennten Lager mit einander zu verbinden. Der Kosmologe Nelson Pinto-Neto etwa sieht ein, dass die beiden Studien ein Bounce-Modell der ursprünglichen Art ausschließen, nichtsdestotrotz könnte man auf der richtigen Fährte sein:
„Die Existenz ist eine Tatsache. Wir sind alle hier und jetzt. Nichtexistenz ist eine Abstraktion des menschlichen Geistes. Aus diesem Grund denke ich, dass ein [zyklisches Universum], das schon immer existiert hat, einfacher ist als eines, das geschaffen wurde. Allerdings muss ich als Wissenschaftler für beide Möglichkeiten offen sein.“
Quelle: Scientific American
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