Das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) dient der Entschlüsselung etlicher kosmischer Geheimnisse. Seit seine Instrumente im Juli 2022 die ersten wissenschaftlichen Bilder lieferten, hat es aber auch etliche Rätsel in den Raum gestellt. So liefert das James-Webb-Teleskop regelmäßig Aufnahmen, auf die sich Astronominnen und Astronomen zunächst keinen Reim machen können. Jüngst gehörten zu den abgelichteten Objekten etwa isolierte Quasare, einige der hellsten Objekte im Universum, die in riesigen, leeren Bereichen des Weltraums treiben.
James-Webb-Teleskop auf der Suche nach neuen Rätseln
Die Existenz der neu entdeckten Objekte stellt die bisherige Annahme in Frage, Quasare entstünden nur in dichten Regionen des Weltalls. Immerhin werden die hell leuchtenden Himmelskörper von supermassereichen Schwarzen Löchern angetrieben, die große Mengen an Materie benötigen, um zu wachsen. Ihre Anwesenheit in diesen leeren Bereichen ist daher nicht nur rätselhaft, sondern könnte die Wissenschaft zum Umdenken zwingen.
„Entgegen früherer Annahmen befinden sich diese Quasare im Durchschnitt nicht unbedingt in den Regionen mit der höchsten Dichte des frühen Universums“, zitiert das Kavli Institute for Astrophysics and Space Research des Massachusetts Institute of Technology (MIT) die Physikerin Anna-Christina Eilers in seiner aktuellen Pressemitteilung. „Einige von ihnen scheinen mitten im Nirgendwo zu liegen. Es ist schwer zu erklären, wie diese Quasare so groß werden konnten, wenn sie anscheinend nichts haben, von dem sie sich ernähren können.“
Unter Verwendung des James-Webb-Teleskops gelingt es Forschenden, einige der ältesten Objekte im Universum zu beobachten. Dazu gehören auch die durch Eilers und ihr Team entdeckten Quasare, die etwa 600 bis 700 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden. Dabei fängt das JWST schwaches Licht aus dieser fernen Zeit ein und enthüllt Details, die zuvor unzugänglich waren.
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Sauerstofflinien sind wichtige Indikatoren
Im Rahmen ihrer in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal veröffentlichten Studie untersuchte Eilers gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen, wie helle Quasare in den frühen Phasen des Universums in besonders dichten Regionen auftraten. Dabei legten die Forschenden ihren Fokus auf vier Quasar-Felder, um herauszufinden, wie viele Galaxien in der Nähe dieser Quasare vorkommen, die Sauerstofflinien ([O III]) aussenden.
Bei Sauerstofflinien handelt es sich um charakteristische Spektrallinien, die entstehen, wenn Sauerstoffatome in einem bestimmten Zustand Licht abstrahlen. In diesem speziellen Fall, bei den [O III]-Linien, handelt es sich um Licht, das von zweifach ionisiertem Sauerstoff (O²⁺) emittiert wird. Sie sind im optischen oder infraroten Spektralbereich sichtbar und werden häufig in den Spektren von Galaxien oder Nebeln beobachtet.
Die Emission dieser Sauerstofflinien entsteht in Regionen mit heißem Gas, das von energiereicher Strahlung ionisiert wird. Dahinter können beispielsweise junge, massereiche Sternen oder Quasare stecken. Die [O III]-Linien sind besonders wichtig, da sie auf Regionen mit aktiver Sternentstehung hinweisen oder helfen können, die physikalischen Bedingungen im Gas, wie Temperatur und Dichte, zu bestimmen.
Die Studie verwendet die mit Hilfe des James-Webb-Teleskops beobachteten [O III]-Linien, um Galaxien zu identifizieren, die in der Nähe von Quasaren im frühen Universum existieren. Ihr Vorhandensein zeigt, dass in diesen Galaxien Prozesse wie Sternentstehung oder ionisierende Strahlung stattfinden, was sie zu wertvollen Markern für die Untersuchung der Umgebung von Quasaren macht.
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Zwei Theorien im Mittelpunkt
Die Forschenden konzentrieren sich jetzt darauf, wie diese Quasare so schnell in einem jungen Universum wachsen konnten. Sie erscheinen in Regionen mit wenig Materie, aber sind trotzdem zu Schwarzen Löchern geworden, die Milliarden Mal massereicher sind als die Sonne. Das widerspricht früheren Theorien, die das Wachstum von Schwarzen Löchern mit dichten Umgebungen verknüpften.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass diese Quasare nicht so isoliert sind, wie es scheint. Eilers und ihr Team vermuten, dass die Galaxien, die diese Quasare umgeben, von dichten Gas- und Staubwolken verdeckt sein könnten, wodurch sie die Forschenden lediglich nicht erkennen können. Die fortschrittlichen Fähigkeiten des JWST werden entscheidend sein, um diese Theorie weiter zu untersuchen.
Weitere Beobachtungen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop sind notwendig, um die wahre Natur dieser Quasare und ihrer Umgebung zu bestimmen. Während die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter forschen, hoffen sie, die Prozesse aufzudecken, die es diesen massereichen Objekten ermöglichten, in der Kindheit des Universums zu entstehen.
Quellen: „EIGER. VI. The Correlation Function, Host Halo Mass, and Duty Cycle of Luminous Quasars at z ≳ 6“ (The Astrophysical Journal, 2024); MIT Kavli Institute
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