Anfang des 19. Jahrhunderts waren sich Wissenschaftler noch uneinig darüber, ob Licht eine Welle oder ein Partikel sei. Klar, das ist heute geklärt. Damals aber noch nicht. Zwei Physiker nahmen sich der Erforschung der Frage an. Es ist kein zu großer Spoiler zu sagen, dass sie damit kläglich scheiterten. Ihr Misserfolg war jedoch grundlegend für unser heutiges Wissen über Raum und Zeit.
Um zu verstehen, wie sie das geschafft haben, ist es zunächst wichtig zu wissen, was der Gegenstand der damaligen Debatte war. Genau darauf bauten die beiden Forscher schließlich auf. Wie bereits erwähnt: Es ging um Licht.
1801: Ein Barcode macht den Anfang
Ein Physiker namens Thomas Young macht den Anfang mit seinem Double-Slits-Experiment. Er legt quasi die Basis für die Quantenmechanik, die heutzutage an Bedeutung zunimmt. Dafür strahlt er Licht durch zwei Schlitze in einer Notizkarte, die auf eine Wand ausgerichtet ist.
Er erzeugt dadurch eine Art Barcode, ein Strichcode-Muster aus dunklen und hellen Balken. Wenn das Licht lediglich einen Teilchen- beziehungsweise Partikelstrom erzeugt, hätte dies stattdessen zwei schlitzförmige Flecken ergeben. Das Muster ist für ihn daher ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich Wellen ausbreiten und gegenseitig stören.
So weit, so gut. Das löst aber noch lange nicht das Problem, dass jegliche bekannte Wellen, so auch Klang, Wasser und Stadionwellen, etwas brauchen, durch das sie hindurchdringen können. Physiker der damaligen Zeit sind sich einig: Es muss eine Substanz geben, die das Universum durchflutet. Sie nennen sie kurzum „Äther“ (falls du an Dunkle Materie denkst – das ist etwas anderes).
1887: Michelson und Morley wollen den Ätherwind beweisen
Jetzt kommen die besagten gescheiterten Wissenschaftler ins Spiel, Albert Michelson und Edward Morley. Die Physiker sind überzeugt: Der Äther transportiert nur Lichtwellen. Das wollen sie mit einem eigenen Experiment ein für alle Mal beweisen, das bis heute bekannt ist als Michelson-Morley-Experiment.
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Das Ziel der beiden ist es, die Geschwindigkeit des Äthers relativ zur Erde herauszufinden. Das nennen sie den „‚Ätherwind“. Stell dir vor, du sitzt in einem Auto und hältst den Arm aus dem offenen Fenster. Auch wenn kein Lüftchen weht, spürst du trotzdem eines. So ungefähr stellen sich die Forscher im 19. Jahrhundert den Ätherwind vor.
Noch heute im Einsatz: Das Interferometer
Michelson und Morley bauen ein Gerät, das sie Interferometer nennen. Im Prinzip ist das ein Einwegspiegel, der einen Lichtstrahl aufsplittet, etwas die Hälfte davon einem Winkel von 90 Grad in einem Tunnel reflektiert und die andere Hälfte direkt durchlässt und dann in einem anderen Tunnel reflektiert. Beide Lichtstrahlen werden dann noch einmal gegen Spiegel am Ende der beiden Tunnel reflektiert. Am Ende werden sie von einem Detektor gemessen.
Du wirst lachen, aber fortgeschrittene Versionen des Interferometers wurden noch 2015 eingesetzt, um Gravitationswellen nachzuweisen (was dann auch zum allerersten Mal erfolgreich geschah).
Wäre Michelson und Morleys These richtig gewesen, dass der Äther nur Lichtwellen durchlässt, hätten die Strömungen im „Wasser“ sie dazu veranlasst, mit etwas unterschiedlichen Geschwindigkeiten zu reisen, so dass sie den Detektor zu etwas unterschiedlichen Zeiten treffen sollten. Doch immer und immer wieder trafen sie genau zur selben Zeit ein. Irgendetwas war da also falsch in der Welt der Physik.
Um es kurz zu sagen: Das Experiment war gescheitert
Die beiden Physiker schafften es nicht, den Einfluss des Äthers auf das Licht nachzuweisen. Weil es keinen Äther gibt. Wie wir heute wissen, ist Licht nämlich beides zugleich, Welle und Partikel. Und es bewegt sich immer in derselben Geschwindigkeit in einem Vakuum, egal welche Richtung du im Verhältnis zu seiner Quelle, zum Beispiel der Sonne, selbst bewegst. Das ist Albert Einstein durch und durch.
Die Problematik, die sich Michelson und Morley damals stellten, konnte erst durch Einsteins Spezielle Relativitätstheorie gelöst werden. Heutzutage geht es Forschern allerdings mehr darum, wie die bislang unentdeckte Kraft, die alles im Universum zusammenhält, genannt Dunkle Materie, mit Einsteins Theorie aufgespürt werden kann. Ob die Theorie des berühmten Physikers allerdings der einzige Weg dahin ist, bleibt zweifelhaft.
Aber das eben ist auch das Schöne an der Wissenschaft: Ein kompletter „Fail“ kann morgen zur großen und nachhaltig wirkenden Sensation werden – oder umgekehrt. Ohne Michelson und Morleys Misserfolg beim Nachweis des Äthers wäre der Physik vermutlich ein entscheidender Entwicklungsschritt entgangen.