Bisher gehen die meisten Forscher davon aus, dass Dunkle Materie und Dunkle Energie die Essenz unseres Universums sind. Wie gesagt, die meisten. Ein Astrophysiker aus Großbritannien sieht das aber anders. Er glaubt an eine weitere Substanz, die er Dunkle Flüssigkeit nennt. Sie soll einige offene Fragen zum Verhalten unserer Galaxie erklären.
Dunkle Energie und Dunkle Materie: Was ist das nochmal?
Es ist nämlich so: Galaxien wie unsere Milchstraße bewegen sich wesentlich schneller, als Wissenschaftler zunächst angenommen hatten. Nach zahlreichen Untersuchungen der Rotationsgeschwindigkeit war sich die Mehrheit der Forscher einig, es müsse eine Substanz geben, die das bewirke. Diese sogenannte Dunkle Energie soll die anhaltende und sich ständig beschleunigende Expansion des Universums erklären.
Die Dunkle Materie wiederum ist die derzeit gängige Erklärung dafür, dass sich Galaxien überhaupt derart schnell bewegen können. Schließlich seien sie viel zu schnell, als dass die für uns sichtbare Materie, also Sterne, Gas und Staub, sie würden halten können. Erklärbar ist das bisher nur mit einer unsichtbaren Materie, der Dunklen Materie. Sie sorgt auch für den Zusammenhalt der Himmelskörper.
Dunkle Flüssigkeit: Ist die Masse des Universums negativ?
Noch sind beide Theorien unzureichend erforscht. Das reichte einem Astrophysiker der University of Oxford, James Farnes, jedoch nicht. Er veröffentlichte jüngst eine Studie, in der er von einer dritten Substanz ausgeht, die er Dunkle Flüssigkeit nennt. Ihm zufolge macht sie ganze 95 Prozent unseres Universums aus.
Sie wirke dabei wie eine negative Gravitationskraft. Während die „positive“ Gravitationskraft erwiesenermaßen dafür sorgt, dass sich Massen gegenseitig anziehen, drücke ihr Gegenpart alles Materielle von sich weg. Die Dunkle Flüssigkeit produziere sich außerdem von selbst immer neu. Das wird auch für die Dunkle Energie angenommen.
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So jedenfalls Farnes‘ Theorie. Sollte sie Bestand haben, hätte sie große Auswirkungen für unser derzeitiges Verständnis von Raum und Zeit. Denn mit der Existenz einer Dunklen Flüssigkeit würden Dunkle Materie und Energie überflüssig, berichtet er in einem Statement. „Wir denken jetzt, dass Dunkle Materie und Energie zu ein- und derselben Substanz zusammengeführt werden können, die sich „negative Gravitationskraft“ nennt. Obwohl dieser Umstand uns sonderbar erscheint, deutet er darauf hin, dass unser Kosmos in positiver und negativer Hinsicht symmetrisch ist“.
Was hat Einstein damit zu tun?
Farnes fühlt sich in seiner Theorie bestätigt, weil er sie auf Albert Einsteins Relativitätstheorie zurückführt. Genau vor 100 Jahren entdeckte der berühmte Astrophysiker die Kosmologische Konstante, die wir heute synonym mit der Dunklen Energie verwenden. Einstein habe möglicherweise ein mit negativer Masse gefülltes Universum selbst vorausgesagt, so Farnes.
„Vorherige Untersuchungen, Dunkle Energie und Dunkle Materie zu vereinen waren darauf aus Einsteins Relativitätstheorie abzuwandeln, was sich als unglaublich schwierig herausstellte“, so Farnes. „Dieser neue Ansatz nimmt zwei alte, mit Einsteins Theorie vergleichbare Ideen – die der negativen Masse und Masseschöpfung – und kombiniert sie.“
„Minuszeichen vergessen“
Es seien noch einige weitere Tests nötig. Wenn seine Annahme jedoch stimme, „würde dies darauf hindeuten, dass die fehlenden 95 Prozent des Kosmos eine ästhetische Lösung hätten: Wir hatten vergessen, ein einfaches Minuszeichen hinzuzufügen.“
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